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Bewohnerin Elsa hält einen Schutzengel und Bewohnerin Daniela kniet daneben.

Ein Schutzengel als Trostspender

Daniela Moldaschl-Lorenz, die im HB Tokiostraße als Pflegeassistentin arbeitet, hat einen ganz besonderen Zugang gefunden, um unsere demenzkranke Bewohnerin Elsa zu erreichen. Wir haben nachgefragt, wie ihr Engel auf Erden zum Trostspender für Elsa wurde und welches professionelle Pflegefachwissen dahintersteckt.

Wann immer Elsa Sehnsucht nach ihrer Mutter hat, greift sie zu ihrem kuscheligen Trostspender. Elsa ist 97 Jahre alt, und an manchen Tagen weiß sie, dass die geliebte Mutter schon lange verstorben ist. An anderen Tagen ist es unserer Bewohnerin aufgrund ihrer Demenzerkrankung aber nicht bewusst. Dann kommt ihr Schutzengel ins Spiel. Früher hat eine Madonnenstatue aus Holz diese Funktion für die gläubige Elsa übernommen. „Die Idee, den Schutzengel für unsere Bewohnerin zu nähen, kam mir, als Elsa ihre Holzmadonna in einen Schal gewickelt hat, damit sie nicht so hart ist“, erzählt unsere Pflegeassistentin Daniela Moldaschl-Lorenz, die für den Engel auf Erden verantwortlich zeichnet. „Als ich den Schutzengel an Elsa übergeben habe, hat sie ihn sofort an sich gedrückt und gewusst, wofür er da ist!“

Schutzengel und Sorgenfresser 

Der Engel lässt sich nämlich nicht nur umarmen, er bietet – ganz nach dem Prinzip eines Sorgenfressers – auch Platz für Elsas Briefe an ihre geliebte Mutter. Unsere 97-jährige Bewohnerin schreibt nämlich gerne und kann mit ihrer Brille auch noch große Schrift lesen. Gleich nachdem Elsa, für die der Glaube eine große Rolle spielt, in unserer Kapelle im HB Tokiostraße ihrem Engel mit zwei Gebeten und dem Kreuzzeichen einen persönlichen Segen gegeben hat, begann sie mit dem Engel im Arm einen Brief an ihre Mutter zu schreiben. 

Bewohnerin Elsa hält einen Schutzengel und Bewohnerin Daniela kniet daneben.

 

Professionelle Pflege kann viele(s) erreichen 

Zu ihrer Idee verhalf Daniela Moldaschl-Lorenz auch ihr professionelles Fachwissen: „In der Betreuung von demenzkranken Menschen greife ich gern auf das psychobiografische Pflegemodell von Erwin Böhm zurück.“ Basis von Böhms Modell sind jene Erfahrungen und Ereignisse, die Menschen in ihren ersten 25 Lebensjahren, der sogenannten Prägungszeit, machen. Der österreichische Pflegewissenschaftler geht davon aus, dass frühe Prägungen tiefer im Bewusstsein verankert sind und dass diese früh erlernten Bewältigungsmuster auch im hohen Alter noch verwendet werden. Böhm unterscheidet sieben Erreichbarkeitsstufen, auf denen sich der alte Mensch befinden kann. 

Für jede I​nteraktionsstufe können eigene Zugangswege gefunden werden. „Elsa befindet sich auf der Stufe Intuition. Das entspricht dem Kleinkindalter“, erklärt die Pflegeassistentin. „Liebe und Geborgenheit, Berührungen und Trost sind besonders wichtig für sie und Bewohnerinnen und Bewohner, die sich auf dieser Interaktionsstufe befinden, und sie sind sehr gut über Magie, Märchen oder, wie in Elsas Fall, über ihren Glauben erreichbar“, erläutert sie. „Ich hoffe, dass der Engel unserer Bewohnerin Halt und Geborgenheit gibt.“ Ganz fest hält Elsa derweil ihren Engel im Arm und beweist allein damit, dass Danielas Wunsch bereits zur Realität geworden ist. 

Mitarbeiterin Daniela umarmt Bewohnerin Elsa von hinten

 

Zuerst die Seele bewegen 

Und auch ein anderer Ansatz Böhms tut Elsa gut: Der Pflegewissenschaftler prägte den Begriff „Pflege mit der Hand in der Hosentasche“. „Wir sprechen dabei von aktivierender Pflege und von Hilfe zur Selbsthilfe“, erklärt Moldaschl-Lorenz. Auch wenn oft der erste Impuls jener sei, alten, gebrechlichen und verwirrten Menschen alles im Alltag abnehmen zu wollen, sei es wichtig, die Selbstständigkeit so lange wie möglich zu erhalten: „Wir leiten unsere Bewohnerinnen und Bewohner also mit den Händen in den Hosentaschen an, alles, was sie noch selbst tun können, auch selbst zu tun.“ Neben dem Erhalt – oder in manchen Fällen auch dem Wiedererlangen – geistiger und körperlicher Fähigkeiten unterstütze diese aktivierende Pflege auch das Selbstwertgefühl der Menschen. 

„Elsa hilft zum Beispiel gerne beim Zusammenlegen von Wäsche oder beim Serviettenfalten“, so die Pflegeassistentin. „Auch bei den Vorbereitungen für unseren Ostermarkt zugunsten der Ukraine hat sie uns geholfen und die Herzen ausgeschnitten, aus denen wir Lavendelduftsäckchen genäht haben“, freut sich Moldaschl-Lorenz. Und zitiert abschließend ein weiteres Mal Erwin Böhm: „Er sagt, zuerst müsse die Seele des Menschen bewegt werden, erst dann der Körper. Das ist auch unser Credo im Haus der Barmherzigkeit – und ein Weg der Seelenpflege ist, die uns anvertrauten Menschen aktiv am Alltag teilhaben zu lassen und die Lebensfreude zu erhalten.“

 

hdb

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