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Bewohner Leopold mit Pflegerin

Ein Raum zum Wohlfühlen.

Im Sommer hat es seine Pforten geöffnet: Das „Stüberl“ bietet im HB Am Maurer Berg – St. Josef demenzerkrankten Bewohner*innen nun einen eigenen Platz zum Wohlfühlen. Die Initiatorinnen Christine Patzl und Daniela Rys erzählen im Interview, warum sie Betroffenen im wahrsten Sinne des Wortes Raum geben möchten und warum das Stüberl auch zum Abtauchen in die Vergangenheit einlädt.

Christine Patzl und Daniela Rys im Stüberl

 

Wenn Herr Ludwig die Kuchenteller in seinen Händen platziert, um diese kurz darauf seinen Mitbewohner*innen zu servieren, ist er wieder ganz in seinem Element. Denn viele Jahre lang war unser Bewohner Restaurantbetreiber und leidenschaftlicher Gastronom. Seit Sommer 2019 wohnt er im HB Am Maurer Berg – St. Josef und leidet an Demenz. Jener Erkrankung, die vieles Erlebte und Erlernte in Vergessenheit versinken lässt, die zu gestörter Merkfähigkeit und Gedächtnisabbau führt, die den Verlust von Urteilsfähigkeit und Denkvermögen zur Folge hat, die das gesamte Wahrnehmen und Verhalten von Betroffenen beeinträchtigt, die Erkrankte nach und nach in eine eigene Welt holt.

Brücke in eine andere Welt

„In der Pflege und Betreuung von an Demenz erkrankten Menschen ist es daher unter anderem sehr wichtig, dass man versucht, sich in ihre Welt zu begeben, um von ihnen verstanden zu werden“, erklärt Christine Patzl. „Einer der Schlüssel für eine solche Verbindung zu Betroffenen liegt in ihrer Biografie verborgen. Wenn wir bestimmte Erlebnisse, frühere Beschäftigungen und persönliche Ängste kennen, hilft das dabei, Menschen mit Demenz während der Krankheit besser zu verstehen“, so Christine Patzl, die im HB Am Maurer Berg - St. Josef arbeitet und dort auch Bewohner*innen mit Demenz betreut. Während ihrer einjährigen Ausbildung „Demenz Care“ setzte sich unsere Mitarbeiterin eingehend mit der Erkrankung und der Betreuung von Betroffenen auseinander und befasste sich in ihrer Abschlussarbeit mit der Frage, wie man Erkrankten mehr Raum geben könnte.

Ein Platz zum Verweilen

Genau dieser Raum steht den demenzkranken Bewohner*innen des HB Am Maurer Berg – St. Josef nun ganz buchstäblich zur Verfügung. Denn im Dachgeschoss der vor zwei Jahren eröffneten HB Pflegeeinrichtung wurde die gute Idee von Christine Patzl in die Tat umgesetzt: Seit Juli bietet das „Stüberl“ dort einen ganz besonderen Platz zum Verweilen. „Hier können wir uns nun in kleineren Gruppen zurückziehen und etwas aus dem Alltag abtauchen.“ Das „Stüberl“ lädt mit nostalgischer Ausstattung von anno dazumal auch zum Abtauchen in die Vergangenheit ein. „Neben Handlungsleitlinien und fachlicher Expertise war das Einrichten ein großer Teil der Planung“, erläutert Daniela Rys, die am Maurer Berg als Pflegeberaterin tätig ist und gemeinsam mit Christine Patzl das Konzept für das Stüberl ausarbeitete, nachdem die Geschäftsführung des Hauses grünes Licht für das Projekt gegeben hatte. „Wir wollten den Raum in etwas verwandeln, das unsere Bewohnerinnen und Bewohner vielleicht noch von früher kennen und wo sie sich wie zu Hause fühlen“, so Rys. Liebevolle Details wie Gmundner Porzellan und Goldrand-Gläser, die elegante Standuhr oder gerahmte Bilder sorgen genau dafür.

Hände, die Blumen in einer Vase ordnen
Antikes Geschirr im Stüberl
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Ins Tun kommen

Zwei Mal pro Woche kommt Christine Patzl nun abwechselnd mit kleinen Gruppen von Bewohner*innen zu Besuch ins Stüberl. „Jeder dieser Besuche ist in mehrere kleine Einheiten gegliedert“, so Patzl. Die Gruppe soll sich dabei vor allem wohlfühlen, darum wird meist mit Kaffee und Kuchen gestartet. „Uns ist es wichtig, dass unsere Bewohnerinnen und Bewohner viel Entscheidungsfreiheit haben und Tätigkeiten selbst ausführen“, ergänzt Rys. „Ein Bewohner zählt zum Beispiel, wie viele Kuchenstücke wir benötigen, der nächste schneidet den Kuchen, ein anderer ist für den Kaffee zuständig – all das stärkt das Selbstbewusstsein.“ Wie bei Herrn Ludwig, der dann beherzt die Teller ergreift und serviert. Doch auch Gedächtnisarbeit steht im Stüberl im Fokus. „Wir nehmen uns ein Thema vor und sprechen dann darüber. Im Moment ist das zum Beispiel Wien“, erzählt Christine Patzl. „Das bringt unsere Bewohnerinnen und Bewohner zum Plaudern und es folgen Geschichten aus der Vergangenheit, zum Beispiel wer in welchem Bezirk gewohnt hat oder was jemand an Wien besonders gern mag.“ Die Themen orientieren sich auch an der Jahreszeit und einzelnen dazu passenden Bereichen.

Sich wieder spüren

Schließlich nimmt auch die Bewegung einen wichtigen Stellenwert im Stüberl ein. „Dabei geht es vor allem darum, sich selbst zu spüren und zu erkennen“, erklärt Patzl. Dabei werden Grundübungen vorgegeben, aber auch hier dürfe jeder ganz autonomisch entscheiden, was er machen möchte.“ Grundsätzlich neigt man bei Demenzerkrankten dazu, Entscheidungen abzunehmen. Man möchte es der betroffenen Person leichter machen. Aber selbst entscheiden zu können, ist sehr wichtig für die Betroffenen“, erklärt Daniela Rys.

Im Fokus: Individuelle Biographien

Das Feedback nach den ersten Monaten im Stüberl? Durchwegs gut! „Wir merken, dass unruhige Bewohnerinnen und Bewohner hier ruhiger werden“, erzählt Patzl. „Auch die Aktivierung funktioniert sehr gut und es läuft in den Gruppen sehr humorvoll ab.“ Christine Patzl betreibt auch akkurate Recherche und zieht die individuellen Biographien hinzu, um die Bewohner*innen zu Tätigkeiten zu motivieren. „Für einen Bewohner, der Installateur war, fahre ich zum Baumarkt und besorge Kleinigkeiten wie Wasserschlauchteile, dann bitte ich ihn um Hilfe bei der Zusammensetzung“, so Christina Patzl​. „Einem ehemaligen Büroangestellten gebe ich einfache Rechenaufgaben.“ Ex-Gastronom Herr Ludwig komme bei Kulinarischem zum Einsatz.

Blühende Zukunft

Für die Zukunft gäbe es schon viele Pläne, erklären beide Mitarbeiterinnen enthusiastisch. So soll unter anderem ein großer Kräutergarten in die Realität umgesetzt werden, der nicht nur Stoff für Gespräche biete, sondern auch den Geruchs- und Geschmackssinn schärfe. Zudem solle auch das „Stüberl“-Team wachsen, interessierte Kolleg*innen gebe es viele. Validiert wird das Projekt nach einjährigem Bestehen – und soll bei positivem Ergebnis zum festen Bestandteil des HB Am Maurer Berg – St. Josef werden. Nach einem Lokalaugenschein vor Ort zweifeln wir nicht daran, dass die Bewertung mehr als erfreulich ausfallen wird! ​​

hdb

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