Demenzarbeit im Haus der Barmherzigkeit
Demenz ist eine der am weitesten verbreiteten Erkrankungen, die besonders im Alter auftritt. Etwa die Hälfte der Bewohner*innen in Pflegeheimen lebt mit dieser Diagnose. Das Ziel der Demenzarbeit besteht darin, die Fähigkeiten von Betroffenen individuell zu fördern und ihre Lebens qualität zu erhalten. Ein einziges Erfolgsrezept gibt es jedoch nicht. Das macht die Aufgabe besonders viel fältig und anspruchsvoll, aber auch äußerst lohnend.
Passender Ansatz unterschiedlicher Disziplinen
Im Haus der Barmherzigkeit wird besonderer Wert auf eine interdisziplinäre Arbeitsweise gelegt, bei der Pflege, Medizin, Therapie und Fachsozialbegleitung eng zusammenarbeiten. Insbesondere bei der Betreuung von Menschen mit Demenz ist diese enge Zusammenarbeit von großer Bedeutung, wie Natascha Teszner, die Pflegeberaterin im Pflegekrankenhaus Tokiostraße, betont. „Jeder von uns hat eine Werkzeugkiste, gefüllt mit Konzepten und Methoden. Aus dieser wählen wir für jeden Bewohner und jede Bewohnerin einen individuell passenden Ansatz aus, der auf das jeweilige Stadium der Demenz und den Wahrnehmungsbereich abgestimmt ist.“
Durch eine umfassende Betreuung sowie ein abwechslungsreiches Angebot an tagesstrukturierenden Aktivitäten in den Tagräumen, auf den Terrassen und im Garten werden die Bewohner*innen individuell gefördert, wird ihre Zugehörigkeit zur Gruppe gestärkt und ihre Lebensfreude gesteigert. Um die Zusammenarbeit und das Verständnis über Fachgrenzen hinweg speziell bei der Demenzarbeit zu fördern, wurde im Pflegekrankenhaus in der Seeböckgasse zu Jahresbeginn ein Pilotprojekt ins Leben gerufen.
Im Rahmen dieses Projektes wird die Pflege durch das Therapieteam verstärkt unterstützt. Dabei werden zusätzliche therapeutische Maßnahmen eingesetzt, die speziell auf die Bedürfnisse der Bewohner*innen abgestimmt sind. Vor dem Projektstart hatten Expert*innen der Therapie und Pflege die Möglichkeit, in den jeweils anderen Bereich hineinzuschnuppern, um die Abläufe und Fachkonzepte in der Anwendung zu erleben. Laut Elmedin Salihu, dem Leiter der Demenzstation Ladislaus, sind diese Kooperationen der Fachbereiche besonders ertragreich: „Die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist eine große Stütze für unsere Station. Wir konnten viel voneinander lernen und haben auch bemerkt, dass unsere Bewohnerinnen und Bewohner seitdem wesentlich entspannter und zufriedener wirken.“
Bedürfnisse verstehen und richtig reagieren
Für die Arbeit mit Menschen mit Demenz sei neben dem Fachwissen ein eingehendes Verständnis der Gefühlswelten Betroffener von entscheidender Bedeutung, betont Danijela Friedrich, die Pflegedienstleiterin des Stadtheims in Wiener Neustadt: „Menschen mit Demenz haben andere Bedürfnisse, sie nehmen ihre Umgebung verändert wahr und kommunizieren anders. Die nonverbale Kommunikation gewinnt daher immer mehr an Bedeutung.“
Um sicherzustellen, dass nicht nur alle Pfleger*innen, sondern auch die Mitarbeiter*innen aus der Administration und Betreuung ein tieferes Verständnis entwickeln, absolvierten im Frühjahr sämtliche Mitarbeiter*innen ein Weiterbildungsprogramm nach dem Demenz-Balance-Modell. Im Zuge dessen versetzten sich die Teilnehmer*innen in verschiedene Alltagssituationen von Menschen mit Demenz und reflektierten im Anschluss ihr Erleben. „Diese Erfahrungen sind besonders wertvoll. Denn nur, wer sich in Menschen mit Demenz hineinversetzen kann, kann auch richtig auf sie reagieren“, fügt Danijela hinzu. Gefordert sind jedoch nicht nur die Mitarbeiter*innen in Pflegeheimen. Auch für Ange hörige bedeutet die Demenzerkrankung ihrer Liebsten oft eine große Umstellung. Um sie gezielt zu unterstützen, veranstaltet das HB Clementinum zweimal im Jahr einen Abend zum Wissensaustausch.
Demenz ist dabei ein oft nachgefragtes Thema. „Uns ist es ein Anliegen, das Umfeld unserer Bewohnerinnen und Bewohner miteinzubeziehen und Angehörige gezielt zu unterstützen“, betont Zlatan Plesko, der Pflegedienstleiter des HB Clementinum. Dass der Wissensbedarf zu demenziellen Erkrankungen groß ist, kann der Demenzexperte nachvollziehen. „Die Welt von Demenzerkrankten ist zunächst ungewohnt. Angehörige müssen sie erst kennenlernen, um sich auf die neue Situation einlassen zu können.“ Dazu sollen die Angehörigenabende einen Beitrag leisten. Angehörige werden dabei begleitet, Verständnis für die Erkrankung und deren individuelle Ausprägungen zu erlangen, und erhalten allgemeine Umgangstipps.