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Bewohnerin sitzt Pflegemitarbeiterin an einem Tisch gegenüber. Bewohnerin sieht man von hinten. Die Pflegerin von vorne.

Narrative Medizin


Mit einem neuen Konzept rückt die Medizin die Sichtweise von Patient*innen stärker in den Mittelpunkt der ärztlichen Behandlung. Ein wichtiger Bestandteil ist dabei auch die relative Autonomie. 

„Guten Tag, ich bin hier Ihre Ärztin und möchte gerne einiges über Ihren Körper, Ihre Gesundheit und Ihr Leben erfahren. Bitte erzählen Sie mir, was ich von Ihnen wissen sollte, um sie bestmöglich behandeln zu können.“ Anfangs mag dieser Gesprächseinstieg ungewohnt erscheinen. Oder wüssten Sie, wie Sie spontan antworten würden? ‚

Das Potenzial von Erzählungen

Doch dahinter verbirgt sich ein relativ junges Konzept in der Medizin, das einen wichtigen Perspektivwechsel aufzeigen will. Die „narrative Medizin“, die ihren Ursprung in der Palliativmedizin hat, fokussiert auf die subjektiven Geschichten der Patient* innen. Diese vielversprechende Methode wurde von Dr. Rita Charon, einer Ärztin und Literaturwissenschaftlerin an der Columbia University, entwickelt. Im Haus der Barmherzigkeit hat es bereits eine lange Tradition, den Menschen hinter der Krankheit zu sehen. Mit der Methodik der narrativen Medizin kann dieser Ansatz noch tiefer verankert werden. Für Dr. Verena Weber liegt der entscheidende Vorteil der narrativen Methode in ihrer Nähe zu den tatsächlichen Bedürfnissen der Patient*innen. So zeigt sich die Ärztin, die im Pflegekrankenhaus in der Seeböckgasse tätig ist, überzeugt: „Seinen Patient* innen diese offene Frage gleich zu Beginn zu stellen, kann helfen, rasch das Wesentliche in Erfahrung zu bringen. Was ist es denn wirklich, was die Patient*innen bewegt, und was führt sie hierher?“ Es geht also darum, zunächst zuzuhören und ausreden zu lassen.

Arzt hält Bewohnerin im Rollstuhl an den Händen

Das gegenseitiges Vertrauen stärken

Narrative Medizin hilft besonders dabei, den Menschen als Ganzes wahrzunehmen und Vertrauen aufzubauen. Gezielte Fragen in der herkömmlichen Anamnese laufen oft Gefahr, zu einschränkend zu sein, wie die Ärztin erklärt: „Wenn man von Anfang an zu stark auf die Diagnose fixiert ist, können. wichtige Informationen übersehen werden, die jedoch für den weiteren Therapieverlauf und letztendlich die Gesundheit der Patient*innen von Bedeutung sind.“ An die Geschichten, die in den gemeinsamen Gesprächen geteilt werden, kann Dr. Weber im weiteren Verlauf immer wieder anknüpften. „Durch den narrativen Ansatz bin ich in der Lage, eine stabilere, vertrauensvolle Beziehung mit Patient*innen aufzubauen, und kann so einen besseren Therapieerfolg und eine höhere Zufriedenheit erzielen.“

Zentraler Nutzen für die relative Autonomie

Mit der Methode der narrativen Medizin können die Grundbedürfnisse von Bewohner*innen viel genauer in Erfahrung gebracht und in der Pflege und Betreuung stärker berücksichtigt werden. Dies gewinnt besondere Bedeutung bei Bewohner*innen, die aufgrund von Krankheiten erhebliche Einschränkungen erleben. „Für unsere Arbeit ist diese relative Autonomie unserer Bewohner*innen, also die größtmögliche Selbständigkeit trotz erheblicher Einschränkungen, sehr wichtig. Denn die Erfahrung zu machen, Dinge auch nur im Kleinen mitbestimmen zu können, birgt einen großen Mehrwert für die Lebensqualität unserer Bewohner*innen“, so Prim. Dr. Matthias Unseld, der ärztliche Leiter des Pflegekrankenhauses Seeböckgasse. Die weiteren Schritte zur Implementierung des Konzepts im Haus der Barmherzigkeit werden im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Palliativtreffen sowie im interdisziplinären Austausch erarbeitet.

Bewohnerin sitzt Pflegemitarbeiterin an einem Tisch gegenüber. Bewohnerin sieht man von hinten. Die Pflegerin von vorne.

 

Dieser Artikel ist im HB Unternehmensmagazin IRIS (2/2023, S. 28+29) erschienen. 

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